Mein Iditarod Rennen 12

Karen Ramstead – Mein Iditarod Rennen Tagebuch des Nord Wapiti Teams 2001

Elim nach White Mountain

Obwohl alle nett und hilfsbereit waren, kam es mir doch so vor, als wuerde ich hier alles aufhalten, denn die Pfadbrecher verliessen den Ort gerade als ich ankam, die Checkers waren am Telefon um Flugverbindungen zu machen. Das Schlimmste jedoch; das Plumpsklo draussen auf dem Eis war voll zum Ueberlaufen! Pfui Teufel.

Ich musste den Tieraerzten auch erklaeren, dass es sich bei dem Blut an den Hunden um meines handelte. Denn mein Verband triefte noch immer und ueberall hatte ich natuerlich Blutflecken hinterlassen. Eine der Checkerleute verband mich wieder und es sah schlimemr aus als es eigentlich war. Ich wollte hier nicht allzulange bleiben, denn ich kam mir hier unter Druck vor, obwohl Jasper, der Checker, noch betonte dass er gerne warten wuerde bis es mir einfiel loszuziehen. Als ich dann alles eingepackt hatte, stand er auch schon bei dem Piloten und das Flugzeug donerte auch schon ueber uns hinweg, als wir nicht einmal eine halbe Meile von Elim weg waren. Ich nahm mir aber trotzdem die Zeit Jamie anzurufen, da Mark ja schon in Nome war, habe aber keine Ahnung mehr worueber wir alles sprachen. Hatte aber wohl mit den Hunden zu tun, soviel weiss ich noch.

Die Hunde trotteten schoen am Anfang, dann wurde es langsamer, sie haetten auch gerne laenger gerastet. Aber vorwaerts gings und die Aussicht war unbeschreiblich schoen, wir gingen an einer sehr felsverzackten Kueste entlang. Seevoegel bombardierten uns und tauchten ins nahe Meer und oefters sah ich offenes Wasser am Horizont schimmern. Sobald wir vom Eis herunterkamen gabs es was ganz Feines fuer den Grover; 200 Rentiere!! Jetzt gings wieder flugs voran und wir erklommen den kleinen McKinley ohne Schwierigkeiten. Eines der seltsamsten Ereignisse der ganzen Fahrt passierte hier: Ich hatte angehalten um etwas herzurichten, als ein Fremder mit Schneemaschine zu uns heranfuhr. Ich hatte schon meine Kopflampe auf und war bedacht, ihn nicht voll ins Gesicht zu erwischen. Wir unterhielten uns ein wenig, dann wollte er wisen ob ich Junge oder Maedchen sei. Als ich Maedchen sagte, schimpfte er und meinte, er muesste halt mal austreten, ich zuckte die Schultern und meinte dem stuende nichts im Wege, ich wuerde nicht zuschauen, drehte mich um und machte mein Team startbereit. Man koennte doch meinen, dass mit all der Wildnis da draussen genug Platz da war um ein Versteck zu finden!

Die Hunde waren schlapp aber bewegten sich besser vorwaerts, als es den Berg runterging, dann kam eine 90 Grad Wendung und ich sah die Ursache der Panik: fasanenartige Voegel, Grouse genannt, hatten die Hunde erschreckt! Wir drehten also um und kamen unbehelligt doch wieder auf den richtigen Weg. Als ich dann noch aufschaute und den dunklen Nordhimmel bestaunte, gabs da ploetlich das erste Erscheinen des Nordlichtes auf der ganzen Strecke, es war einfach atemberaubend und hielt fast eine Stunde lang an. Ich schaute vom Schlitten aus zu, waehrend die Hunde liefen wie eine ‚Eins‘, bis nach Golovin, das eigentlich kein Checkpoint ist, aber Jasper sagte mir, dass es dort ein paar Checkers gaebe, die mich wahrscheinlich doch meinen Namen eintragen liessen. Aber keine Spur von ihnen, alles schlief und ich sah dann auch ein Schild „Zugang verboten‘. Kehrte also wieder um und jetzt trafen wir einen jungen Burschen mit Schneemaschine, den ich dann fragte, wo diese inoffiziellen Checkers wohnten. Er deutete auf ein Haus, das unbeleuchtet war, als ich dann noch wissen wollte, wo der Pfad weiterging, deutete in die Richtung des Ortes, in dessen Ferne ich ein Markierungsschild sah. Den Hunden musste es auch so vorkommen wie damals in Shaktoolik, denn das war ein Ort und wir haetten doch halten muesen, oder? Ich zuckelte also so schlecht und recht dahin, wechselte auch Leithunde aus und endlich gabs die richtige Kombination mit Amilla und Kaylinn. Nach dem Erfolg von Kaltag hatte ich es schon einigemale mit ihr probiert, aber da war nichts zu machen. Jetzt sah sie ein, dass sie wirklich gebraucht wurde und es war unglaublich, die Maedels brachten alle auf Trab und sogar auf Hochtouren, wir rauschten ja foermlich den Pfad hinunter! Vielleicht wussten sie, dass es einen Checkpoint vor uns gab, oder sie waren meines Ermahnens muede, jedenfalls rauschten wir nach White Mountain in voller Fahrt und kamen in Rekordzeit dort an.

White Mountain nach Safety

In White Mountain musste ich die Beamten selber suchen. Da ich mitten in der Nacht ankam waren die Ortsbewohner gut daran, dass die erste Tuer an die ich klopfte eh schon die richtige war, sonst haette ich womoeglich noch den ganzen Ort auf Trab gebracht! Einer der Checkers half mir auch die Hunde zu parken und die frassen denn auch wie Scheunendrescher. Dann rollten sie sich auf ihren Strohbetten zusammen. Ich war entzueckt dass es dort sogar eine Matratze und Decken fuer Musher, in einer Ecke vom Checkpoint gab. Es war auch prima endlich mal wieder gehoerig an der Matratze zu horchen, himmlisch!! Als ich erwachte, war alles was Rang und Namen hatte auch auf den Beinen und ich pirschte mich an eine Dusche heran und genoss das heisse Wasser, da wurde zwar trotz Seife noch nicht der ganze Mensch hundertprozentig sauber, denn der Dreck hatte sich schon eingelagert in die Haut, aber es war doch schoen und wohltuend. Dann gings in sauberen Kleidern in die Kueche auf bestrumpften Fuessen und da suchte ich nach etwas zu futtern und fand es auch. Waehrend das kochte, unterhielt ich mich noch mit Slim, der als Pfadbrecher schon Mordsarbeit geleistet hatte. Er beschrieb mir den Rest der Strecke ausfuehrlich, dann erwischte es mich wie ein Beil am Kopf! Ich war nur siebenundsiebzig Meilen von Nome entfernt!

Ich hatte mich so daran gewoehnt nur von Baum zu Baum zu denken, also Checkpoint bis Checkpoint, dass es mir gar nicht klar wurde dass mein Ziel so nahe war. Ich ging dann ans Hundefuettern und als ich die Schuesselchen auflas, erzaehlte ich meinem Team was ich eben von Slim gehoert hatte. (das mag sich fuer einige meiner Leser komisch anhoeren, wie sie so am Computer sitzen, aber ich war zwei Wochen fast mit diesen Tieren unterwegs und sie waren meine einzige Gesellschaft zum Grossteil des Weges gewesen. Es war selbstverstaendlich dass ich ihnen jetzt erklaerte was ich Neues wusste. Als ich Jake’s Naepchen aufhob, wurde ich vom Gefuehl das Rennen zu beenden einfach ueberwaeltigt, ich umarmte den lieben Hund und weinte auch noch ein paar Traenen.

Wir verliessen Safety unter einem der tiefblauesten Himmel den ich je erlebt hatte. Ich war auch im siebten Himmel, denn der Pfad war atemberaubend. Nur schade, dass ich mein letztes Bild in Elim verknipst hatte und keinen Film weitergeschcikt hatte mit meinen anderen Sachen. Zum zweiten Mal auf der Reise holte ich dann das Walkman-Geraet hervor, es war ja Sonntag abend und Nachrichten von der Endfeier in Nome muesste es ja auf der KNOM Station geben, egal, ich wuerde ja auch bald dort sein und die Station kam auch schon ueber Funk als ich mich die Topkok Huegel hoch arbeitete. Ich war sehr geruehrt, dass Herr Palmer Shagoonik den ‚Most Inspirational Musher‘ Preis davontrug, denn der Mann ist ein gutes Vorbild fuer alle Kinder in den Doerfern der Kuestengegend.

Als wir die Huegelkette hinter uns hatten und die Kueste wieder vor uns lag, gingen die Batterien aus, also kein Radio mehr. Ich suchte in der Schlittentasche, ohne Erfolg, sprach auch ein paar Schneemaschinenfahrer an, die ueberholten, die hatten aber auch keine. Also verpasste ich den Rest der Feier. Als es dann abend wurde, sah ich es in der Ferne leuchten. In den vergangenen Jahren habe ich schon 60-70 Ansprachen ueber Iditarod gehalten und ich habe auch das 3 Minuten Video Idit-a-Rock n‘ Roll‘, dass ich jedesmal zeige. Ein Stueck vom Lied heisst da: Ich sehe die Lichter von Nome von der Kueste her. Seit ich in Shaktooklik in 2000 ausgeschieden war, hatte ich mir jedesmal wenn das Video lief geschworen, dass ich diesmal die Lichter von Nome selber sehen wuerde. Ein Freund, der uns beim Grand Portage Rennen mit den Hunden half, Bill Boutang, schickte mir eine e-mail, die mich ermahnte: Schau dir die Lichter von Nome von der Kueste aus an!

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