Mein Iditarod Rennen 8

Karen Ramstead – Mein Iditarod Rennen Tagebuch des Nord Wapiti Teams 2001

Anvik nach Grayling

Sobald die Hunde in Anvik sich ausruhen konnten, versuchte ich das Telefon dort zu benutzen um meine Freundin und Lehrerin Jamie Nelson zu erreichen. Doch ich bekam keine Verbindung fuer die Telefonmarke die ich hatte und keiner wusste wie man das Sattelitentelefon benutzt. Ich war kurz davor zu bruellen oder loszuheulen, als jemand es dann doch noch schaffte eine Verbindung herzustellen. Ich glaube die waren eher besorgt hier in dem gottverlassenen Fleckchen Niemandsland mit einer Verrueckten zusammenzusein und dachten sich wohl, ich wuerde verschwinden, wenn man das Telefon zum Funtionieren bekaeme. Diejenigem die Jamie kennen, wissen, dass man da manchmal tagelang probieren kann, bevor man sie ueberhaupt an den Apparat kriegt. Aber wir hatten Glueck und beim dritten laeuten war sie da. Sie hoerte sich meine Klagen erst gar nicht an und Mitleid gab es auch keins. Wir hatten das Ganze ja schon theoretisch vor dem Rennen durchgekaut und ich musste mich darauf konzentrieren ‚von Baum zu Baum‘ zu gelangen. Ich sollte genauso weitermachen, wie von Shageluk aus, die Hunde machten ihre Probleme schon unter sich aus und wuerden sich frueher oder spaeter als ein Team zusammenraufen. Das half.

Ein paar Stunden spaeter waren wir wieder auf Iditarod-Trail und fuhren auf dem Yukon. Ich hatte ein paar kleine Spezialitaeten in meinen Sachen in Anvik gehabt. Normalerweise habe ich kein Walkman-Kasettengeraet wie viele Musher, denn ich habe die Stille und Wildnis sehr gerne, das ist eines der Pluspunkte dieser Distanzrennen, meine Hunde und ich sind meistens genug Gesellschaft und Unterhaltung. Aber fuer den Yukon hatte ich doch Musik, die mein Bruder fuer mich ausgesucht hatte, also sang und tanzte ich auf den Schlittenkufen den Fluss hinunter. Ein weiteres Band, das Schulkinder fuer mich gemacht hatten, war mit Gedichten und Liedern bespielt. Das machte Spass aber ein paar Checkpoints spaeter liees ich den Musikmacher liegen, das war genug und man bringt einem alten Hund wie mir nicht mehr viel Neues bei. Als wir in das Doerfchen Grayling einzogen waren wir alle bester Laune.

Grayling nach Eagle Island

Grayling war ein sauberes Doerfchen, nur lernte ich sehr schnell, dass hier alles was nicht niet und nagelfest ist schnell Beine bekommt! Meine sauberen Socken und eine Tuete Hering verschwanden sozusagen unter meiner Nase, doch das Checkpoint Personal, das doch auf der Hut war half mir mein Sack und Pack zusammenzuhalten. Die Hunde frassen wie daheim, hatten sehr guten Appetit! Das war schoen, besonders wenn man sah, dass bei anderen Teams viel Futter nicht gefressen wurde. Mein ganzes Team sah toll aus und ich streichelte alle und spielte auch mit ihnen. Dann ging ich zur Gemeinschaftshalle, denn dort musste man ‚fertigsein‘ bevor das allabendliche Bingo Spiel anfing – also die wussten was da Vorrang hatte. Ich ruhte mich also ein paar Stunden aus. Haette da mehr Zeit auf meinem Plan gestanden, haeete ich dort vielleicht auch noch beim Bingo Geld gewinnen koennen! Als ich vom Schlaefchen erwachte, bot mir der Vertreter fuer Verstaendigungsgeraete (Communications) die Benutzung des Satelitentelefons an und ich nahm dankend an und rief meinen Mann Mark noch schnell an. Dann aber verschwand der Satelit hinter einem Berg und das Gespraech war futsch. Waehrend meines Aufenthaltes kam Dave Tresino durch ohne lange zu halten und dadurch wurde ich offiziell zum letzten Hundeschlittenfahrer auf dem Weg nach Nome.

Es gab auch etwas Schneemaschinenverkehr fuer die naechsten paar Meilen, dann war wieder Ruhe. Von hier an bis Kaltag begann dann die einsamste und abgeschnittenste Strecke des Rennens fuer mich, der Wind blies unbarmherzig, aber der Mond, der sich kurz blicken lies und ein wenig Nordlicht, sorgten fuer Abwechselung. Doch die Temperaturen fielen schnell und schneller. Drei Stunden spaeter ueberholte ich Dave Tresino, der auf dem Pfad Rast machte, er hatte sich in den Schlittensack verkrochen um aus dem Wind zu kommen, also waren wir wieder einmal nicht mehr das letzte Team. Mitten in der Nacht hatte ich eine Art Halluzination, denn mir kam es genauso vor als waere ich auf dieser Strecke schon einmal gewesen, ab und zu machte ich mir klar, dass das ja gar nicht sein koenne. Aber es war ein komisches Erlebnis, das mir immer noch eine Gaensehaut verpasst, wenn ich daran denke. Kurz vor Sonnenaufgang fing das Team an muede zu werden, die Hunde brauchten bald Rast und ich sehnte mich nach ein bisschen Waerme auf dem Checkpoint. Ich probierte es mit verschiedenen Leithundkombinationen um einen neuen Rhytmus zu finden und die Hunde liefen dann ploetzlich wieder wie geschmiert. Mit Beth Manning kampierten wir, ich unterhielt mich kurz mit ihr, gab den Hunden ein paar Leckerbissen und teilte ihr mit, dass es mir so vorkam als sei der Checkpoint naeher als sie meinte. Kurz nachdem ich losfuhr sah ich es an ihrer Kopflampe, dass sie uns folgte. Die Hunde liefen ein bisschen schneller, denn sie merkten, dass da jemand hinter ihnen herkam. Dann hielt ich doch an um die Booties, zu wechseln und Beth ueberholte uns wieder. Den Hunden war das ’schnurz‘ und wir bewegten uns vorwaerts, zwar nicht so grazioes, wie ich es mir ertraeumt hatte, aber wir liefen vorwaerts. Dann sahen wir endlich in weiter Ferne Eagle Island und die Zelte und ich dachte mir, das das ja fast aussah wie ein Iditarod Checkpoint, bis meinem uebermeudeten Gehirn doch noch einfiel, dass es ja so aussah weil es halt wirklich ein Iditarod Checkpoint war!!!

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