Sab Schnuelles Iditarod 2006 Teil I

Sebastian Schnuelle – Mein Iditarod Race Tagebuch des Blue-Kennel Teams 2006

Ich weiß, daß Ihr alle auf den Rennbericht gespannt seid, so kamen doch einige e-mails mit der Frage, wann ich denn nun endlich den Bericht schreibe. Die große Neuigkeit ist, daß ich nicht mehr 50 km nach Whitehorse fahren muß, um eine e-mail zu schreiben. Seit einer Woche ist meine kleine Blockhütte mit der Außenwelt verbunden, nicht nur per Telefon sondern sogar auch noch High Speed Internet.

Da habe ich Jahre lang drauf gewartet, zwischen drin alle möglichen Varianten ausprobiert, von Satelliten Telefon, über Radiotelefon über Satellitenschüssel, aber alles hat nur unregelmäßig oder schlecht funktioniert, und ich mußte doch immer wieder in mein Büro fahren. Das spart mir nicht nur eine Menge Geld und Benzin, sondern auch viel Zeit, so waren doch täglich 1.5 Stunden weg, mit hin und her Fahren nach Whitehorse. Ich bin noch am überlegen, was ich mit der gewonnen Zeit machen soll.

Eine innere Stimme sagt, ich sollte mich damit körperlich fit machen und joggen gehen, diese Stimme habe ich bisher erfolgreich ignoriert. Die andere Stimme sagt ich soll die extra Zeit mit den Hunden verbringen. Genau das mache ich, und lasse die Bande morgens, wenn noch nicht alles matschig ist, frei herum rennen. Jetzt wo ich meinen ganzen Kram vom Büro in die Hütte gezogen habe, sitze ich mit Blick auf die schneebedeckten Arkell Mountains und habe keine Ausrede mehr. Tang und einige andere Monster liegen hinter mir auf der Couch und finden es auch viel besser, daß ich jetzt den ganzen Tag hier bin.

Iditarod 2006 Teil I

Mit meinen Gedanken hänge ich noch immer oft in Nome und auf dem Trail. Viel zu oft. Ich rufe die Wetterseiten im Internet auf und werde neidisch, wenn ich dort lese, dass in Nome gerade eine Winter Sturm Warnung ist. Da frage ich mich auch immer häufiger, warum ich eigentlich hier so weit im Süden wohne, Süden bei nördlichen Standards.

Lance Mackey hat gerade das Kubuk 440 gewonnen und ich wünschte ich hätte auch in Kotzebue sein können. Aber nach dem Iditarod hieß es Hunde einpacken und wieder nach Hause fahren, zurück zum normalen Leben. Genau mit dem normal habe ich ja schon immer so meine Probleme gehabt. Alles in allem kann ich mich aber in keiner Weise beklagen, ich bin ca. 5000 Meilen (8000 km) mit den Hunden diesen Winter gefahren. Die Saison hatte viel Auf und Abs und doch so einige Hürden die es zu überwinden gab, aber genau das ist ja der Reiz bei der Sache.

Die Zeit zwischen dem Yukon Quest und dem Iditarod ist einfach zu knapp mit nur einer Woche. Dieses Jahr wurde das noch verschlimmert mit der Tatsache, daß wir erst noch von Dawson nach Whitehorse fahren mußten. Bis wir wieder hier waren war es spät Freitagnacht. Pierre ist die meiste Zeit gefahren während ich auf dem Beifahrersitz endlich etwas Schlaf nachgeholt habe. Der Samstag ging mit Truck auspacken, sauber machen und Ausrüstung sortieren drauf. Abends war dann das Yukon Quest Banquet. Sonntag hieß es dann wieder den ganzen Truck mit Iditarod Zeugs einzuladen. Auch wollte ich eigentlich die Hunde einmal zu einem kurzen Lauf anspannen, leider habe ich das dann aber doch nicht gemacht, etwas was ich später sehr bereuen sollte.

Ich hatte die Hunde von Lance Mackey hier im Yard, damit die nicht tagelang in einer engen Hundebox sitzen müssen, denn auch Lance wollte einige von seinen Questhunden wieder zum Iditarod mitnehmen. Nicht nur daß es besser war für die Hunde an einem Stake out zu sitzen, in der Nacht vor dem Banquet hat doch tatsächlich jemand versucht den Hundehänger von Lance´s Truck zu stehlen, ihn dann aber mitten im Parkplatz zurück gelassen, wahrscheinlich weil die Hunde nicht drin waren.

Eigentlich wollten wir auch schon Sonntag starten, aber wie immer hatte ich Autoprobleme, und deshalb haben wir die Abfahrt um einen Tag verschoben. Mit den Werkstätten ist das hier im Yukon eh so eine Sache. Ich hatte gerade meinen einen Truck, der noch nicht mal 50.000 km auf der Uhr hat wieder von der Werkstatt geholt. Kaum zuhause abgestellt, hat der am nächsten Morgen wieder die gleichen Elektrik Probleme gehabt wie vorher.

Da ich nun nicht gerade um die Ecke wohne ist das besonders ärgerlich. Mein Dogtruck hat nun schon seit längerem Getriebe Probleme, aber mir bleib nicht viel anderes übrig, als zu hoffen, dass er es noch einmal bis Anchorage durchhält. Truck Probleme sind beim Mushing die Norm. Lance und ich haben uns noch in Haines Junction getroffen. Als wir dann spät abends am Montag in Tok ankamen, war von ihm keine Spur. Wie sich später herausstellte, ist er in Beaver Creek mit einem kaputten Kühler liegen geblieben. Wir haben die Nacht bei Roy und Sandra in Tok verbracht. Meinen Hänger hatte ich hier nach dem Quest Start zurück gelassen und voll mit Hundefutter, denn das kann man im Moment nicht so ohne weiteres über die Grenze bringen. Die Amerikaner haben Angst vor kanadischem Beef, die Kanadier haben Angst vor amerikanischem Chicken und lassen daher aus Panik überhaupt kein Hundefutter über die Grenze.

Am Dienstagmorgen ging es recht früh weiter, denn die Reisegeschwindigkeit lag bei ca. 70 km/h, der Truck hatte nur noch drei Gänge und nur gelegentlich einen Rückwärtsgang. Als wir Wasilla ankamen, war dort so gut wie kein Schnee und damit auch klar, dass der offizielle Start wieder in Willow sein wird. Der Mittwoch ging mehr oder weniger drauf mit dem Vet Check und dem EKG für die Hunde, aber auch hier hätte ich die Zeit besser nutzen sollten und das Team einmal kurz zu fahren.

Der Donnerstag ist komplett weg mit einem ganztägigen Musher Meeting, auf dem wir auch unseren Iditarider kennen lernen. Bei dem zeremoniellen Start haben wir einen zahlenden Passagier im Schlitten, der diese Tour auf dem Internet ersteigert hat. Alleine damit macht das Iditarod mehr Geld als das Quest insgesamt an Preisgeld hat. Dafür nehme ich gerne jemanden im Schlitten mit. Donnerstagabend war auch das Musher Banquet. Das Banquet ist riesengroß. Neu war dieses Jahr, dass wir unsere Startnummern nicht aus einem Hut ziehen und damit dem Zufall überlassen, sondern daß wir unsere Startnummern wählen konnten. Diese Wahl erfolgte in der Reihenfolge, in der wir uns zum Rennen angemeldet haben. Dabei hatten die Musher Präferenz, die sich persönlich am ersten Anmeldetag, ich glaube dem 26 Juni, in Wasilla angemeldet haben. Ich hatte mich postalisch angemeldet und konnte als 40. meine Nummer auswählen und die Nummer 34 war noch frei. Es ist das 34. Iditarod, letztes Jahr hatte ich die doppelte Nummer, 68.

In Willow haben wir bei Candy übernachtet, einer Bekannten vom letzten Jahr. In Anchorage hatten wir eine neue Gastfamilie, die Fosters, die auch selbst Schlittenhunde haben. Es ist gut in beiden Orten, die doch 160 km auseinander liegen, jeweils eine Unterkunft zu haben, denn sonst ist das ganze eine recht lange Fahrerei. Während des Iditarods sind meine Reserve Hunde und alle gedroppten Hunde im Hundeyard von Rick Casillo untergebracht und mein Handler holt seine und meine Hunde vom Gefängnis ab. Warum Gefängnis? Alle Hunde, die während des Rennens gedropped werden, werden per Flugzeug nach Anchorage transportiert und von dort nach Eagle River ins Gefängnis gebracht, wo sie von den Insassen versorgt werden. Das Ganze ist super durch organisiert. Volker und Pierre sind auch mit Volkers Auto nachgekommen und beim Banquet und Start mit dabei zu sein.

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