Mein Iditarod Rennen 9

Karen Ramstead – Mein Iditarod Rennen Tagebuch des Nord Wapiti Teams 2001

Eagle Island nach Kaltag

Die einzigen Einwohner in Eagle Island leben in einer winzigen Huette am Ufer eines Nebenflusses des Yukon. Das Huettchen ist zu klein um als Checkpoint zu dienen, dafuer wird dann ein Segeltuchzelt benutzt, das am Fluss steht. Als Lager diente ein Schuppen am Ufer. Das Plumpsklo hatte keine Tuer und von da aus hatte man eine spektakulaere Aussicht auf die Landschaft, kein Wunder, dass da die Tuer fehlte!

Die Hunde waren schlecht gelaunt als wir ankamen und brauchten ihre Rast. Zuerst wuehlten sie sich ins Stroh, das ein anderes Team schon benutzt hatte und suchten nach Essensresten. Ein paar meiner juengeren Maennchen stritten sich schon um Abfaelle – wie bei Kindern, sind Geschwister am haesslichsten zueinander, wenn sie muede sind. Niemand brauchte erste Hilfe und so konnte ich mich auch ausruhen. Die Wolken von gestern hatten sich verteilt und die Sonne schien. Ich musste tatsaechlich nach Sonnnencreme und Sonnenbrille suchen, aber die Crème war leider tiefgefroren. Die Hersteller kuemmern sich leider nicht um Extremtemperaturen und den Gefrierpunkt ihrer Produkte. Nachdem die Hunde gefuettert waren genehmigte ich mir ein tolles Fruehstueck, das aus Eiern, Wurst und Toast bestand, es war von meiner Freundin Lynda vaccumverpackt worden. Dann wurde es Zeit an den Aufbruch zu denken und alle Hunde behielten mich im Auge, sie kannten die Routine ja, nur Kaylinn nicht, die fing immer an zu bellen, wenn ich etwas einpackte, als wollte sie mir sagen, ich sollte doch endlich mal Dampf drauf machen. Dave Tresino wollte wissen, ob ich sie schon mal in Leitposition hatte, und ich musste verneinen, aber probieren koennte ich das mal. Nur nicht gerade jetzt; man verlaesst doch nicht den Checkpoint mit einem untrainierten Leithund. Irgendwo auf dem Pfad konnte man das ja machen. Der Himmel war herrlich blau und die Sonne war sogar warm als wir aus Eagle Island herausrollten, na ja, vielleicht nicht rollten, mehr schlurften, Also schlurften wir aus Eagle Island raus und da ich auch gerne etwas mehr Leben im Team gesehen haette, brachte ich Kaylinn zu Grover in die Leitstelle nach vorne. Das funtionierte und jetzt rollten wir wirklich! Kaylinn war erstaunlich, sie war noch nie zuvor Leithund gewesen, hatte eigentlich erst im vergangenen April zum erstenmal Renngeschirr getragen und ich war erstaunt, dass sie es schaffte ins Team zu kommen und jetzt sogar als Leithund den Yukon Fluss hinuntermachte! Gut gemacht Kaylinn!

Nach etwa zwei Stunden unterwegs, hielt ich um Leckerbissen zu verteilen und dabei zog ich mir mehr Kleidung ueber, denn der Wind fing an zu wehen und es wurde kaelter. Im Westen ballten sich schon wieder die Wolken zusammen und ich hoffte vom Fluss herunterzukommen bevor der Sturm uns einholte. Vor uns fuhren ein paar Idita-Sport Skilanglaeufer und ich hatte sehr viel Spass dabei mich langsam und leise anzupirschen und dann „TRAIL“ zu bruellen und sie sich eilen zu sehen, damit sie nicht ueberrannt wurden. Als es Abend wurde, ereichte uns dann doch der Sturm und der Schnee wurde nur so herumgewirbelt. Ich war muede und nickte auch tatsaechlich ein paarmal ein. Es ist schon komisch so ploetzlich hochzufahren und nicht sicher zu sein auf dem richtigen Weg zu sein. Wegen dem Schnee sah ich auch keine Spuren von Clint, Buck oder Beth, die ja vor uns sein mussten. Dann sah ich doch ein Licht ganz weit weg. Lichter sind daher gefaerlich, dass man sich dabei immer verschaetzt, denn sie sehen meistens naeher aus als sie sind. Das kann den Hundeschlittenfahrern die Illusion geben viel naeher an einem Checkpint zu sein als in Wirklichkeit. Fuer die laengste Zeit sah es so aus, als entfernten wir uns von dem Licht, dann windete sich der Pfad furchtbar langsam, aber doch, dem Licht zu, aber das dauerte und dauerte und wir kamen dem Licht kaum naeher.

Wehender Schnee in dunkler Nacht gibt mir immer das Gefuehl, samt Hundeteam in einer Kapsel zu sein, die am Ende der Welt zu haengen scheint, wie eine Schmetterlingspuppe. Aber diesmal fuehlte es sich etwas anders an und ich war vorne bei meinen Leithunden als mir ganz frische und sehr grosse Wolfsspuren auffielen. Ein einzelner Wolf, aber doch dicht vor uns! Zu Gesicht bekamen wir den Wolf leider nicht. Im Checkpoint wurde uns gesagt, dass ein paar Dorfbewohner mit den Schneemaschinen unterwegs waren um Woelfe zu jagen. Ich aber sand ein Stossgebet zum Himmel, dass mein Weggefaehrte von letzter Nacht vor den Kugeln sicher sei. Auch auf dieser Strecke Weg hatte ich das bizarre Gefuehl schon mal dortgewesen zu sein. Als wir das Licht sahen, dem wir nicht nahezukommen schienen, redete ich mir ein, dass das schon einmal so gewesen war auf der Strecke, nur war der Haken halt, dass wir noch nie zuvor auf dieser Strecke waren… Es war etwas gespenstisch und ich war sehr erloest als wir dann doch in Kaltag ankamen!!

Kaltag nach Unalakleet

So, jetzt waren wir aber wirklich wieder auf einem uns bekannten Pfad! Die Checkers hatten auch eine schoene Ueberraschung fuer uns in Kaltag, denn anstelle von der Gemeinschaftshalle, die es letztes Jahr fuer uns gab, hatten wir diesmal die Schule erhalten, und da gabs WC’s mit fliessendem Wasser, heisse Duschen, Kueche! Und Turnmatten. Solche Dinger hatte ich zwar seit meiner Kindheit schon nicht mehr benutzt, aber die waren himmlisch bequem und wir fuehlten uns wie in einem vornehmen Hotel! Als ich noch umherwanderte um den Waschraum zu finden, stiess ich auf einen Automaten mit Cola! Ich schaeumte schon fast vor Verlangen und suchte dann in allen 300 Parka Taschen nach Kleingeld, hatte aber nur ein paar Geldscheine, das war zum Verruecktwerden! Gluecklicherweise kam dann wer, der einen Schein wechseln konnte, und die Cola schmeckte ausgezeichnet, die Beste, die ich je hatte!

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